Dem Leben zugehört
Vom Erinnern, Erzählen und Weitergeben – Lebenshörbücher in ihren vielen Formen
Kreieren Sie zum Beispiel eine persönliche Geburtstagssendung. Verschenken Sie eine Audio-Collage – gestaltet wie ein kleines Feature oder Hörspiel. Vielleicht mit Originaltönen, die noch auf alten Kassetten schlummern. Oder mit der Lieblingsmusik des Jubilars, eigenen Klavierstücken oder Gitarrenklängen.
Lassen Sie sich selbst oder nahestehende Menschen zu Wort kommen – und archivieren Sie wertvolle Stimmen: auf einer CD, einem USB-Stick oder einem anderen Speichermedium. Verpackt in einer schön gestalteten Hülle wird daraus ein ganz persönliches Geschenk. Auch Audiokarten eignen sich dafür: sie sind unabhängig von Geräten – man nimmt sie einfach in die Hand und hört zu.
In jedem Fall kann es bewegend und faszinierend zugleich sein, vertraute Stimmen wiederzuhören – gerade dann, wenn deren Träger:innen längst nicht mehr unter uns weilen. Viele Menschen, die das erlebt haben, berichten von tiefen Momenten des Erinnerns – und manchmal auch von einem leichteren Loslassen. Schenken Sie für ein paar Sekunden Ihre Aufmerksamkeit Frau Anneliese Höppenstein, die in einem privaten Hörbuch mehr aus ihrem Leben erzählt:
Anneliese Höppenstein, die 2007 verstarb, hat mit ihren Aufzeichnungen ein eindrückliches Bild ihres Lebensweges hinterlassen. Ihre Gedanken, dokumentiert in einem persönlichen Lebenshörbuch, lassen erahnen, was sie bewegt hat – leise, authentisch, und hier nur für einen kurzen Moment mit der eigenen Stimme zu hören. Gerade diese Zurückhaltung verleiht ihrem Beitrag eine stille Kraft. Solche dokumentierten Lebensspuren zeigen, wie bedeutsam das Festhalten von Erinnerungen sein kann – auch in Tönen. Und dass das Lebenshörbuch nicht an eine bestimmte Form gebunden ist. Denn auch Reinhard Mey erzählt auf seine ganz eigene Weise: musikalisch, poetisch und mit der Erfahrung eines langen Künstlerlebens.
„Nach Haus“ – Ein Lebenshörbuch in Liedform mit Tiefe und Erinnerungsraum
„Nach Haus“ wirkt wie ein Hörbuch – jedoch nicht in gesprochener Sprache, sondern in Liedern, die Geschichten erzählen und Erinnerungen lebendig werden lassen. Jedes Stück öffnet einen persönlichen Ausblick: auf Ehe und Partnerschaft, auf Verluste, auf gesellschaftliche Umbrüche – und auf das, was bleibt, obwohl es vergangen ist. Besonders das Lied „Die Legende von den Liebenden“ berührt mit seiner stillen Andeutung einer Liebe, die zu schön war, um von Dauer zu sein. Zwischen den Zeilen klingt auch die Erinnerung an Reinhard Meys Sohn an – nicht direkt benannt, aber spürbar im Ton.
Mit „Zwischen Kontrollpunkt Drewitz und Checkpoint Charlie“ knüpft Mey an das geteilte Berlin an – ein Kapitel, das für viele mit persönlichen Erinnerungen verbunden ist. Auch sein Lied „Mein Berlin“ – lange vor der Maueröffnung 1974 entstanden – hallt hier nach. So entsteht ein Klangraum, in dem sich Ost und West, persönliche und kollektive Geschichte begegnen.
Durch die Kombination von autobiografischen Texten und vielen privaten Fotografien entsteht ein intensives Hörerlebnis und damit „Lebenshörbuch“, das nicht erklärt, sondern fühlen lässt. II Hör-Übersicht I Website Reinhard Mey
Während bei Anneliese Höppenstein das individuelle Erinnern im Vordergrund steht und bei Reinhard Mey der künstlerisch-musikalische Rückblick Raum einnimmt, öffnet sich im nächsten Beitrag ein weiterer Zugang: das Familienhörbuch – als Vermächtnis. Immer wieder gibt es Menschen, die wissen, dass sie nur noch begrenzte Zeit haben – sei es durch Alter oder Krankheit. In solchen Momenten wächst oft der Wunsch, den eigenen Kindern oder Enkeln etwas zu hinterlassen: Gedanken, Geschichten, Lebenserfahrung – in der eigenen Stimme. Das Familienhörbuch wird so zu einer Form der Weitergabe, des Abschieds und der Verbundenheit.
Die Journalistin Judith Grümmer hatte aus der Frage "Was bleibt, wenn ein Mensch geht?" im Jahr 2019 das bewegende Projekt "Familienhörbuch" ins Leben gerufen. Sie schenkt damit Audio-Biografien der so ganz anderen Art kranken Menschen, die ihre Lebensgeschichte für ihre Verbliebenen aufnehmen können. Das als bleibende Erinnerung in der eigenen Stimme. Dazu führen jeweils ausgebildete Biograf:innen mehrere Tage lang professionell einfühlsame Gespräche: Zu Hause, im Hospiz oder, wenn nötig, am Sterbebett. Der Weg zum "Familienhörbuch" I WebsiteII HörTipp:
Unvergessen bleibt in dem Zusammenhang das voraus gegangene und inzwischen weit zurückliegende Wochenenderlebnis in sehr kleiner Runde. In ähnlicher Form kann dieses schon damals zeitlose Seminarangebot in Varianten nach wie vor durchgeführt werden. Immer vorausgesetzt, dass sich dabei alle Teilnehmenden gegenseitig ausreden lassen, nichts werten, keine Rat-Schläge verteilen, alles freiwillig Ausgesprochene vertraulich bleibt. Lesen Sie bitte weiter ...