I

Musik und Alter – persönliche Erfahrungen

Manchmal genügt ein einziger Ton, und die Erinnerung bricht sich Bahn. So geht es mir als Autorin dieser Website bis heute mit bestimmten Titeln einer Schallplatte aus den 70er-Jahren: Gábor Presser – Fiktiver Report über ein amerikanisches Popfestival. Sobald beispielsweise die ersten Takte eines solchen daraus erklingen, rollen unweigerlich Tränen. Und ich kann nichts dagegen tun.

Es ist Musik, die mich schon vor Jahrzehnten tief berührte. Vielleicht entfaltet sie heute eine noch größere Intensität, weil inzwischen so viel gelebtes Leben mitschwingt und damit besondere Erinnerungen an meine Zeit als noch junge Musiklehrerin wach werden - verbunden mit einem Besuch einer der wenigen Aufführungen in Erfurt.

Ein anderes Mal, in einer meiner schwersten Lebensphasen mit 42, war es nicht nur die Musik, sondern auch ein einfaches Bild vor meinem inneren Auge, das mir Halt gab: ein am Boden stehender Strauß, geschmückt mit der Jahreszeit nicht entsprechend: Lametta. Wenn ich dazu einen bestimmten Musiktitel in Dauerschleife hörte, den ich heute nur noch als sanfte Chakra-Musik erinnere, begann sich etwas in mir zu wandeln. Das Glitzern des Lamettas, das im Licht leise schimmerte, verband sich mit den zarten Klängen zu etwas beinahe Magischem. Es war, als fände eine stille Zwiesprache statt – zwischen Klang und Licht, zwischen Außen und Innen. Etwas, das mich tief beruhigte und tröstete.

Und immer wieder schöpfe ich auch Kraft aus Beethovens Chorfantasie. Der leise instrumentale Beginn, das behutsame Anwachsen, schließlich der einsetzende Chor – all das wirkt wie ein Aufatmen, ein inneres Befreitwerden.

Speziell diese gemachten Erfahrungen gingen mir durch den Kopf, als ich an der Fachtagung „Musik und Alter“ in der Landesmusikakademie Berlin teilnahm. Dort wurde aus verschiedenen Blickwinkeln gezeigt, wie Musik biografische Erinnerungen wachruft, Resilienz stärkt und im Alter neue Kraft schenken kann.

Ein ähnlicher Moment, diesmal in Bild und Ton festgehalten, findet sich in meinem Mini-Clip „Der berührende Ton“: Die Töne, die mitten ins Herz treffen, beginnen an der Stelle, an der mein Kinderkopf im Film sichtbar wird, ist es wieder da dieses so heimelige Gefühl - verbunden mit der Erinnerung an meine Fensterausblicke vom Pfarrhaus rüber zur Kirche.

Ein Junge, heute längst erwachsen, erzählt von seiner eigenen Kindheit an diesem Ort, die mit meiner verwoben war. Klang, Bild und Erinnerung werden zu einer stillen Zwiesprache zwischen Vergangenheit und Gegenwart.